Diese positive Entwicklung ist aber nicht nur technisch bedingt, sie ist auch das Ergebnis vom Fortschritt in der Organisation und Steuerung von Sichtbeton-Projekten. Denn die hoch arbeitsteiligen Planungs- und Ausführungsabläufe im Sichtbetonbau können nur dann erfolgreich bewältigt werden, wenn alle Baubeteiligten auf der Basis eines transparenten Kommunikationsflusses konsequent zusammenarbeiten. Dieses veränderte Projekt- und Qualitätsverständnis, bei dem das Gesamtergebnis einer Baumaßnahme im Vordergrund steht, hat zur Einrichtung von sogenannten Sichtbeton-Teams geführt. Für Bauunternehmen mit einer hohen Kompetenz in der kooperativen und integrativen Projektabwicklung ist das eine hervorragende Möglichkeit, um sich bei Bauherren und Architekten als Referenzpartner für Sichtbetonbauten zu etablieren.
Erfolgsfaktor Sichtbeton-Team
Im Gegensatz zu den konstruktiven Eigenschaften des Sichtbetons sind die Anforderungen an sein Aussehen keine objektiv bemessbaren Größen. Hier sind unterschiedliche subjektive Gestaltungsvorstellungen im Spiel, für die es weder eine Norm noch eine standardisierte Leistungsbeschreibung geben kann. Die daraus immer wieder entstehenden Konflikte durch Abweichungen zwischen erwartetem Planungsziel und tatsächlichem Ausführungsergebnis können nur durch ein einheitliches, koordiniertes Vorgehen vermieden werden.
Zwei Bausteine bilden dafür eine praxisbewährt Basis: Die Einrichtung eines Sichtbeton-Teams und eine Projektabwicklung, die den Anforderungen und Vorgaben des DBV/BDZ-Merkblatts „Sichtbeton“ entsprechen. Das Sichtbeton-Team – zu dem immer auch die Hersteller des Ortbetons und der Schalungs- und Gerüsttechnik gehören – beruft an seine Spitze einen unabhängigen Betonexperten, in der Regel aus einem Ingenieurbüro. Dieser übernimmt über alle Projektstufen hinweg die Rolle des Koordinators sowohl für die Planung als auch für den Bauprozess. Seine Aufgaben bestehen darin:
- alle Lücken und Mängel in der Leistungsbeschreibung und Planung zu erkennen,
- die geeignete Betonrezeptur und Bewehrung festzulegen
- und alle Voraussetzungen für eine störungsfreie Betonverarbeitung sicherzustellen.
Der wichtigste Schritt liegt am Anfang des Projektes – die Klärung der bautechnisch ausführbaren Oberflächenqualität. Ideal dafür sind Erprobungsflächen, die in der Dimension, im Material und in der Verarbeitung dem geplanten Bauwerk entsprechen. Mit ihrer Hilfe können die gestalterischen Zielsetzungen mit den bautechnischen Möglichkeiten als prüfbare Referenzwerte abgeglichen und verbindlich festgeschrieben werden. Bereits zu diesem Zeitpunkt finden Bauunternehmen in PERI einen Partner, der neben einer führenden Schalungs- und Gerüsttechnik ein enormes Engineering- und Erfahrungswissen aus zahlreichen internationalen Sichtbetonprojekten bereitstellen kann.
Merkblatt „Sichtbeton“ – die Grundlagen der Planung und Ausführung
Die DIN 18217:1981 beschreibt das Gestaltungsmittel Sichtbeton lediglich als „Betonflächen mit Anforderungen an das Aussehen“. Woran sich dieses Aussehen bemessen soll, wird in dieser Norm nicht geregelt. Es ist deshalb die Aufgabe des Architekten, seine Vorstellungen vom Aussehen der Sichtbetonoptik so umfassend und eindeutig wie möglich zu beschreiben.
Eine unverzichtbare Hilfe in diesem Zusammenhang ist das Merkblatt „Sichtbeton“ des Deutschen Beton- und Bautechnikvereins (DBV) und des Bundesverbands der deutschen Zementindustrie (BDZ). In dem Merkblatt sind die material- und bautechnischen Anforderungen an die Sichtbetonoberfläche, die Schalung, Textur, Ebenheit und die Farbtongleichmäßigkeit praxisnah und genau beschrieben.
Durch die Einteilung in 4 Sichtbetonklassen mit ihren definierten Merkmalen sind alle notwendigen Einflussgrößen aufgelistet, die für eine übereinstimmende Beschreibung der geplanten Sichtbetonqualität nötig sind. Dabei ist die Sichtbetonqualität in der Ausschreibung in jedem Einzelfall ausdrücklich und schriftlich zu vereinbaren – und zwar mit allen Baubeteiligten.
Außerdem wird in dem Merkblatt ausdrücklich auf die Grenzen des Machbaren hingewiesen, da bestimmte Anforderungen an die Oberflächeneigenschaften von Sichtbeton technisch weder vermeidbar noch herstellbar sind:
- eine völlig einheitliche Farbtönung
- eine porenfreie Ansichtsfläche
- eine völlig gleichmäßige Porenstruktur
Bei Sichtbetonoberflächen ist immer der Gesamteindruck zu beurteilen. Dafür muss ein Abstand festgelegt werden, der es erlaubt, das Bauwerk in seinen wesentlichen Teilen optisch zu erfassen. Gleichzeitig müssen für die Abnahme auch die allgemeinen Lichtverhältnisse und das Alter des Betons beachtet werden. Erst wenn der Gesamteindruck des Objektes von den vereinbarten Anforderungen abweicht, ist auch eine Prüfung von Einzelmerkmalen oder Details notwendig.
Betontechnologie und Verarbeitung
Durch die Entwicklung hochkomplexer Betonzusatzmittel ist das Leistungsbild der modernen Betone in ihrer Tragfähigkeit und Dauerhaftigkeit wesentlich verbessert worden. Die erzielte Oberflächenqualität des Sichtbetons aber bleibt weiterhin extrem abhängig von einer zeitgenauen Einsatz- und Taktplanung und der Professionalität des Baustellenteams beim Schalen, Bewehren, Betonieren, Verdichten, Ausschalen und Nachbehandeln. Aber auch die Wetterverhältnisse wirken sich weitreichend auf die Betonqualität aus. Denn Faktoren wie Strahlung, Temperatur, Luftdruck, Regen, Wind, Feuchtigkeit beeinflussen nicht nur den Frischbeton sondern auch den Festbeton. Vor allem Temperaturschwankungen wirken sich kritisch auf den Sichtbeton aus. Unter kalt-feuchten Wetterbedingungen erstellte Oberflächen fallen dunkler und im Farbton unregelmäßiger als Sichtbetonbauteile aus, die in warm-trockenen Wetterperioden erstellt werden. Deshalb sind vorbereitende Maßnahmen, die das Risiko des „Bauens unter freiem Himmel“ einschränken, ein wichtiger Planungsparameter.
Betonier- oder Schütt- und Rüttelöffnungen sind beim Einbau bzw. Verlegen der Bewehrung gleichmäßig anzuordnen und ausreichend zu dimensionieren. In der Verarbeitung sind Betone mit weicher Konsistenz mit wenig Rüttelenergie einzubauen. Betonieren bei hohen Temperaturen ist zu vermeiden; im Winter muss Warmluft zugeführt werden. Sichtbeton soll schnell ausgeschalt und belüftet werden. Es ist wichtig, den Beton nicht über die gesamte Schalungshöhe einzufüllen, sondern mit Schläuchen oder Rohren in die Schalung einzubringen. So wird die Fallhöhe möglichst gering gehalten. In der Nachbehandlung sind bauteilberührende Maßnahmen unbedingt zu vermeiden.
Schalhaut und Trennmittel
Die Schalhaut mit ihrer Textur, Materialbeschaffenheit und ihrem Grad an Wasseraufnahme beeinflusst die Güte der Betonoberfläche unmittelbar. Das „Merkblatt Sichtbeton“ unterscheidet drei Schalhautklassen SHK 1, SHK 2 und SHK 3. Damit werden unterschiedliche Oberflächenqualitäten in ihrer Zulässigkeit bewertet.
Die Betonfläche als direktes Spiegelbild der Schalhaut übernimmt nicht nur deren herstellungsbedingte Textur sondern ebenso etwaige Oberflächenmängel wie Ausbrüche, Dellen, Kratzer und Nagellöcher. Grundsätzlich wird zwischen saugender Schalhaut (sägeraue, gehobelte oder leicht saugende Brettschalung) und nichtsaugender Schalhaut (glatte Brettschalung und Kunststoffschalung) unterschieden.
Bei saugenden Schalungen ist die Betonoberfläche dunkler und weist weniger Poren auf als bei nicht saugender Schalhaut. Je nach Textur fallen Poren, Lunker und Farbunterschiede weniger deutlich auf.
Nicht saugende Schalhäute erzeugen hellere nahezu glatte Betonoberflächen. Poren, Lunker, Farbtonunterschiede, Marmorierungen und Wolkenbildungen zeichnen sich jedoch stärker ab.
Auch das Trennmittel wirkt sich auf die Oberfläche aus – durch das makellose Abformen der Schalhautoberfläche und ein optimales Lösen der Schalung vom Beton. Seine Auswahl, Dosierung und die Art des Auftragens entscheiden mit, wie gleichmäßig die Betonoberfläche in der Textur, Farbton und Porigkeit erscheint. Gleichzeitig darf die Haftung von Anstrichen, Putzen, Klebern usw. nicht beeinträchtigt werden. Dieses Hilfsmittel ist daher auch zwingend Bestandteil der Erprobung und der Leistungsbeschreibung der Schalung.
Schalung und Schalungssysteme
In der Ausschreibung ist neben der Definition der Schalhaut auch die Gliederung der Ansichtsflächen in einem Schalungsmusterplan bestimmt worden. Dieser Plan hat die gestalterischen Anforderungen zu präzisieren wie zum Beispiel:
- die Größe und Struktur der Schalelemente
- die Schalungsstöße nach Anordnung und Dichtigkeit
- die Art der Fugen und ihre Anordnung
- außerdem die Kantenausführung und die Ankerlöcher nach Art, Lage und Verschluss.
Die Schalungselemente müssen standsicher, ausreichend steif und in der gesamten Fläche und Randbereichen dicht sein. Einerseits um die Frischbetonlasten abzutragen; andererseits um bei allen Betonbauteilen eine hohe Maßgenauigkeit, Verformungsfreiheit und homogenes Materialgefüge zu erzielen. Die Schalung ist sicher und standfest aufzustellen, überall abzudichten, sorgfältig zu spannen, zu sichern und auszurichten. Auf sauberes Abdichten ist auch bei Schalungsankern und Spannhülsen zu achten.
Im modernen Betonbau werden Systemschalungen eingesetzt bzw. Schalungen die überwiegend aus Systemteilen bestehen. Konventionelle Schalungen und Sonderkonstruktionen haben eine nachrangige Bedeutung und kommen nur bei speziellen Schalungsaufgaben zum Einsatz. Die Schalungssysteme werden nach ihren wesentlichen Konstruktionsunterschieden eingeteilt in Rahmenschalung und Trägerschalung. Diese beiden Kategorien wiederum werden nach ihrer Anwendung unterteilt in Wand-, Decken- und Säulenschalung.
Beim Einsatz von Schalungssystemen für Sichtbetonflächen ist die Qualität der Schalung zu beachten. Rahmenschalungen werden vorrangig zum Vermieten vorgehalten und sind für die Sichtbetonklassen SB 1 und SB 2 geeignet. Die Sichtbetonklassen SB 3 und SB 4 lassen sich mit Miet-Rahmenschalungen nur bedingt erreichen – beispielsweise mit PERI MAXIMO.
Übersicht PERI Schalungstechnik
PERI Projektbeispiele
Sichtbeton hat in den zurückliegenden 60 Jahren einen bemerkenswerten Wandel durchlaufen. War Sichtbeton in den ersten 30 bis 40 Jahren das Synonym für eine Materialschlacht bei oft tristen Großprojekten im Hoch- und Infrastrukturbau, wird in den letzten zwei Jahrzehnten sein enormes gestalterisches Potential sichtbar. Auch für PERI ist der Sichtbeton die Königsdisziplin im Betonbau. Denn er ist die Nagelprobe, was im heutigen Bauen entstehen kann, wenn alle Projektbeteiligten sich als gemeinsame Verfechter für eine qualitätsvolle Architektur verstehen. Umso verpflichtender empfinden wir es, dass bei einer Vielzahl von internationalen Sichtbetonbauten die Wahl auf die Technik und das Engineering von PERI fiel: im Hoch- und Kulturbau ebenso wie im Verkehrswegebau.